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Was sagen Sie dazu ?                                                                                                                                                                                                       Menschen sind vo r dem G esetz gleicFi. N iem and
                                                                                                                                                                                                                           d a rf seines Geschlechtes wegen benachteiligt o d er
A n dieser Stelle bringen w ir in Z u k u n ft fra g e n un d Problem e, die über das persönlidhe Interesse der                                                                                                            bevorzugt werden." Nehme man die volle G leich­
Tragenden hinaus audh die A llg em e inheit interessieren d ü rfte Einerseits w ollen w ir antw orten und in                                                                                                               berechtigung auf, so w ü rde das BGB im W id e r­
klä re n d e r Torrn diskutie ren . A ndererseits b itte n w ir unsere Leser, wenn sie etwas dazu zu sagen haben,                                                                                                          spruch zu der Verfassung stehen, und es könne
es im allge m eine n Interesse audh z u tu n . D ie interessantesten S tellu n g n a h m e n w erden w ir v e rö ffe n tlid b e n .                                                                                        Revolutionen im G esetz zur Folge haben.
                                                                                                                                                                                                                           Die Sozialdem okraten aber vertraten die A uf­
        Brief einer älteren Frau                                                                         proben ausgesetzt ist. W enn ab er erst unsere W ir t ­                                                           fassung, daß man sich in de r Verfassung auf be­
                                                                                                         schaft w ie d e r richtig angelaufen ist — und vo r                                                               stimmte Prinzipien festlegt. Die Lebensbedingungen
Vor einer Stunde hat man m ir auf der vierzehnten                                                        allem im W esten Deutschlands sind d ie ersten hoff-                                                              der deutschen Frauen von heute geben ihnen den
Stelle, bei der ich um A rb e it bat, gesagt, ich sei                                                    nungversprechenden Anzeichen dafür zu sehen — ,                                                                   Anspruch der prinzipiellen Anerkennung auf Gleich­
zu alt. Zu a lt und zu teuer!                                                                            dann w ird sich herausstellen, daß Deutschland, das                                                               berechtigung. Staatsbürgerliche G leichheit bezieht
Ich bin 43 Jahre alt. Ist das w irklich ein Jahrgang,                                                    le ide r eine zu hohe Zahl von A rbe itsun fä higen hat,                                                          sich nur au f das Recht, zu w ählen und g e w ä hlt zu
den man nicht mehr braucht? Bürokräfte müßten                                                            jede arbeitsfähige Kraft mehr als dringend braucht.                                                               werden. Die G leichheit vor dem Gesetz heißt so­
jung, elastisch und b illig sein; meine Kenntnisse                                                       Es w ird dann mit den überzähligen A rb e itskrä fte n                                                            viel, daß jeder Mensch vor dem Richter bei der
sind w eniger interessant als die G eburtsurkunde —                                                      vorb ei sein, und auch die älteren Frauen werden                                                                  Anwendung eines Gesetzes unterschiedslos behan­
das ist die Entscheidung der A rb e itg e b e r!                                                         w iede r gern im Berufsleben gesehen w erden, be­                                                                 d e lt w erden muß. Es geht aber darum , daß die
M einer Schwester, 54 Jahre alt, geht es noch                                                            sonders dann, wenn sie den augenblicklichen Leer­                                                                 Frauen auch innerhalb der Gesetzgebung gleiche
schlechter. Ohne jede berufliche V orbildung und                                                         la u f dazu benutzen konnten, um sich gewisse Be­                                                                 sind. Sofern also die Paragraphen des BGB in
Erfahrung — der Mann starb vor einigen Jahren;                                                           rufs- und Fachkenntnisse anzueignen. Den jungen                                                                   W iderspruch zu der in der Verfassung verankerten
die W ährungsreform vernichtete das kleine V er­                                                         Mädchen sollte aber die Lage der älteren Frauen                                                                   Gleichberechtigung geraten, müssen diese ent­
mögen — w ill sie niemand haben. W ir beide                                                              den Hinweis geben, rechtzeitig alle Chancen einer
müssen unsere 76jährige M utter unterstützen.                                                            umfassenden und gründlichen Berufsausbildung                                                                      sprechend geändert werden.
                                                                                                         wahrzunehmen. Zugleich fä llt aber heute mehr
                                                                                      H ilde K., Berlin  denn je den Erziehungsinstanzen die A ufgabe zu,                                                                  © Verschwundene Personen
                                                                                                         darüb er zu wachen, daß junge Mädchen genau so
Die Herausgeberin antwortet:                                                                             w ie junge M änner in Berufs- und Fachschulen aus­                                                                A u f eine einm alige V eröffentlichung im Jnteresse
                                                                                                         ge b ild e t werden. Bei de r ganzen Unsicherheit                                                                 plötzlich verschwundener Personen liefen / l l M el­
Im G runde ist ein Mensch, solange er den G lauben                                                       unserer Lebensverhältnisse genügt nicht der be­
an sich und seine Leistungsfähigkeit nicht a u fg ib t,                                                   rühm te Schnellkursus in S tenografie und Schreib­                                                               dungen ein.
jung genug für fast jeden Beruf. Noch dazu eine                                                           maschine, also Kenntnisse, die man ebenso schnell                                                                Aus diesen Meldungen geht hervor, daß von
Frau, die die M ö g lich ke it hat, sich auch äußer ich                                                   vergiß t, w ie man sie e rw a rb , wenn man nicht                                                                97 Prozent der V erhafteten niemals etwas g e hö rt
und künstlich um Jahre jünger zu machen. Fraglich                                                        ständig in Übung bleib t.                                                                                         wurde, auch nicht auf illegalem W ege. Etwa
ist aber, ob man sich unter Verhältnissen w ie den                                                                                                                                                                         50 Prozent de r Personen w urden bereits vor d re i­
unsrigen die dazu nötige innere Spannkraft be­                                                                    Steuerprobleme                                                                                           einhalb Jahren verhaftet.
                                                                                                                                                                                                                           352 M eldungen beziehen sich au f Menschen, d ie in
wahren kann.  _ . ..                                                                                      W a ru m g ib t es solch ungerechte Unterschiede bei                                                             der sowjetisch besetzten Zone ansässig sind.
                                                                                                          den Steuereinstufungen. Ich bin z. B. unverheiratet                                                              230 auf Berlin insgesamt, und zw a r aus der Zeit
Jedenfalls ist das Problem, das Sie anschneiden,                                                          und komme dadurch in Steuergruppe I. Diese                                                                       sowjetischer Alleinherrschaft über Berlin vom A p ril
                                                                                                          Steuereinstufung ist eine sehr hohe und daher fü r
mehr als ernst. Ich habe v ie le Briefe ähnlichen                                                         mich eine sehr em pfindliche.                                                                                    bis Juli 1945.
                                                                                                          W as m ir ab er ga r nicht in den K opf gehen w ill:                                                             51 au f den Berliner O stsektor seit d e r V ierm ächte­
Inhalts erhalten von Frauen, die, o b w o h l sie im                                                      w ieso w e rde ich vom deutschen Staat mit einer                                                                 v e rw a ltu n g .
                                                                                                          Junggesellensteuer geradezu bestraft? Daß ich                                                                    66 auf die Berliner W estsektoren, nachdem die W e st­
                                                                                                          nicht verh eira tet bin, ist nicht meine Schuld. M ein
                                                                                                          V erlobter wurde durch einen Unglücksfall, vom                                                                   a lliie rte n diese Sektoren in ihre V erw altu ng nahmen.
                                                                                                          eigenen Staat verschuldet, ge tötet. Solange es in
besten Lebensalter sind, fü r die A rb e it im Büro                                                       unseren Breitengraden nicht üblich ist, als Frau den                                                             Von den 66 W e stbe rlin ern w urden 21 d ire k t aus
                                                                                                          M ännern einen H eiratsantrag zu ..lachen, solange
als zu teuer und zu a lt bezeichnet _ wurden.                                                             kann ich gecpön mein „U n ve rh e ira te tse in " nichts tun.                                                    den W estsektoren abgeholt, die übrigen ver­
                                                                                                          Außerdem kommen, soviel m ir bekannt ist, laut
W ä hre nd sie nicht nur die eigene Existenz zu                                                           Statistik in meinem A lte r etw a drei Frauen auf                                                                schwanden w ährend eines A ufenthaltes im O st­
                                                                                                          einen Mann, w o m it sich meine Eheaussichten ohne
sichern haben, sondern auch die naher A nge­                                                              Verschulden auf ein D rittel vermindern.                                                                         sektor od e r in der O stzone.
                                                                                                           Ich w ürde gern verh eira tet sein und lie b e r meinen
höriger o ft auch unm ündiger Kinder und Enkel­                                                           eigenen Haushalt versorgen, als als Angestellte für                                                              Die M eldungen belaufen sich auf 566 M änner
                                                                                                           Fremde zu arbeiten. Die „B estrafu ng" mit Jung­
kinder. V ie lle ich t sieht die S ituation de r 50- bis                                                  gesellensteuer em pfinde ich als Frau daher fü r                                                                 und 40 Frauen, von denen insgesamt 40 Prozent
                                                                                                           ungerecht, unberechtigt und unbegründet.
60jährigen noch hoffnungsloser aus, die aus der                                                            Ich hätte gern Ihre Ansicht darüb er gehört. V ie l­                                                            S pezialarbeiter oder W issenschaftler sind, und auf
                                                                                                           leicht können Sie in dieser Hinsicht auch einm al
Sorge ums Dasein- ohne Reserven und V orke nn t­                                                           etwas fü r uns arbeitende, alleinstehende Frauen tun.                                                           105 Jugendliche.

nisse erst einm al eine Berufsm öglichkeit suchen                                                                                                                                                                  M . L.  Die dre i jüngsten unter ihnen w aren 1945 zehn

müssen. Und doch muß man w ohl fü r den A rb e itg e b e r                                                © Noch einmal Steuerprobleme                                                                                     Jahre alt. Das Durchschnittsalter der übrigen lag

ein gewisses Verständnis au fbrin gen , der, wenn er                                                       M einer Ansicht nach w eist das Steuersystem un­                                                                dam als bei 14 bis 18 Jahren.                        \
                                                                                                           gewöhnliche soziale Härten auf und wäre sehr
vor die W ahl gestellt, ob er eine 50jährige oder                                                          re fo rm b e d ü rftig . Ein Beispiel zeigt es am klarsten:                                                     Es b le ib t die Frage, ob jeder, de r ähnliche Fälle
                                                                                                           Nehm en w ir 1. einen ledigen M ann (es kann auch
eine 18jährige einstellen soll, sich fü r die letztere                                                     eine Frau sein), 2. einen verh eira 'ele n, 3. einen                                                            kennt, diese melden sollte, auch wenn sich dam it
                                                                                                           m it einem Kind, 4. einen mit zwei K ndern und
entscheidet. Nicht das hübschere junge Gesicht                                                             5. einen mit mehr als zwei Kindern, von denen                                                                   fü r ihn eine persönliche G e fa h r verkn üp ft.
                                                                                                           jeder bzw. jede 500 DM b ru tto verdient. Aus­
gibt dabei, w ie man so gern anführt, den Aus­                                                             ge zah lt erhalten sie folg en de Summen: Der Ledige
                                                                                                           350,70 DM, der V erheiratete 369,51 DM, mit einem
schlag. Ebensosehr mag die Erwägung m it­                                                                  Kind 385,03 DM. m it zwei Kindern 400,40 DM, mit
                                                                                                           drei Kindern 413,10 DM. Der M ann bzw. die F ra u —
sprechen, daß junge K räfte b illig e r sind. Sie ober                                                     der Mensch diso, der für fünf Personen sorgen
                                                                                                           muß, bekom m t 63 DM mehr als der alleinstehende.
fehlen auch häufig und sind nicht immer ganz bei                                                           Er muß mit den 63 DM vier Personen ernähren.
                                                                                                           Zw ar verteuern sich einige Ausgaben, w ie M iete,
der Sache. Sofern man sie w ä h lt, w e il man sie                                                         Gas, Licht bei einer od er mehreren Personen nicht                                                                 MOSAIK
                                                                                                           wesentlich, aber der Unterschied in den sonstigen
angeblich für gew andter und anpassung-fähiger                                                             Lebenshaltungskosten von einer Person gegenüber                                                                 DAS MONATS BLATT DER ZEIT
                                                                                                           denen von fün f Personen steht in g a r keinem V er­
hält, sind ab er die Lebenserfahrungen und die Um­                                                         hältnis zu dem Unterschied in der steuerlichen Be­
                                                                                                           lastung. Je mehr die G eh älter an -te gen, desto
sicht der Ä ltere n W e rte , die auch in Rechnung g e ­                                                   geringer w ird der Unterschied im Steuerzanlen. G. N .

stellt w erden müssen. Die Aussicht aber, die Jungen                                                               Gleichberechtigung der Frauen

allm ählich zu einer hochgualifizierten K raft em por-                                                     Dem sozialdem okratischen A n tra g , in die neue                                                               AUS               DEM           INHALT
                                                                                                           Bonner Verfassung den Satz aufzunehmen: „M änner
zubilden, ist auch häufig genug enttäuscht w orden.                                                        und Frauen sind g leich be rech tigt", w urde von den
                                                                                                           bürgerlichen Parteien W iderstand entgegengesetzt.
Darum find et bei der Besetzung solcher Stellen in                                                         M an sagte, daß es ausreicht, wenn in der Verfassung                                                                       B e gegn ung m it drei Frauen
                                                                                                           steht: „M änner und Frauen haben die gleichen                                                                                        K lein aber m ein
vielen Fällen die ausgebildete Fachkraft reiferen                                                          staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten. A lle
                                                                                                                                                                                                                                    D as Treueprob lem m der Ehe
A lters den V orzug, von denen es infolgedessen                                                                                                                                                                                            S chm erzliches B ildnis

nur wenig Arbeitslose gibt.                                                                                                                                                                                                       Sind S ie g lü cklich ve rh e ira te t?
Eine Ü berlegung aber sollte je de r A rb e itg e b e r                                                                                                                                                                                Ein K le id m ? V a ria tio n e n
einmal anstellen: W enn er nicht dazu b e trä g t, daß                                                                                                                                                                                F ranktur* als M o d e z e n tru m
auch die älteren Frauen in den A rbeitsprozeß ein­
                                                                                                                                                                                                                                     H a u sa rb eit im S chn ittm uster
gereiht und auch bisher tradition ell von Männern                                                                                                                                                                          D ie ganze Fam ilie stric k t - m N o rw e g e n
besetzte Stellen für Frauen geöffnet werden, dann
w ird er selbst in kürzester Frist durch sehr hohe                                                                                                                                                                           M o d e n sch a u hinter unseren K ulissen
Steuern und A bgaben die Lasten m ittragen müssen,                                                                                                                                                                                Ein u n v e rh e ira tb a re s M ä d c h e n
die an Renten und Unterstützungen für die Frauen,
die nicht arbeiten, der Allgem einheit aufgebürdet                                                                                                                                                                              W ie lernt man trem de S prachen?
w erden. Dann w ird sich ab er auch auf seinen
Betrieb die psychologische Belastung des ganzen                                                                                                                                                                                                                  *
Volkskörpers mit den Sorgen der Nichtbeschäftigten                                                                                                                                                                                                 Titelbild
                                                                                                                                                                                                                                            Farbzelchnung von Harns Bohl
und den Sorgen um diese ungünstig auswirken.
                                                                                                                                                                                                                                                                     *
Die staatlichen und kommunalen Verw altungs­                                                                                                                                                                                               M o d e z e ic h n u n g e n
                                                                                                                                                                                                                                              von Ruth D önng, Hans Boht
stellen, vor allem die Arbeitsäm ter und G ew erk­
schaften, aber auch die Parteien und fre iw illig e n                                                                                                                                                                                                                *
Hilfsorganisationen stehen jetzt vor der d rin g ­
lichen A ufg abe , w ie Ausbildungsstätten zu schaffen                                                                                                                                                                                         J llu s t r a t i o n e n
                                                                                                                                                                                                                           von Herm ann Fehling, Mia Lederer, U rsel Kießling,
sind, in denen ä lte re Frauen fü r Berufe ausge­
b ild e t w erden, die sie sinnvoll und zweckm äßig                                                                                                                                                                                             S cholz-P eters, Kirti Beier
beschäftigen; Ausbildungs-, aber auch Umschulungs­

stätten, in denen unter fachlicher A nleitu ng schon                                                                                                                                                                       H e rau s g e b er: A nnedore Leber. — M it Zulassung
während der Ausbildungszeit verkaufbares Gut
produziert w ird. Das verringert die Kosten der                                                                                                                                                                            N r 13? de r B ritischen M ilit ä r r e g ie r u n g — R e d a k ­

Kurse, das sichert vielleicht auch den Frauen schon                                                                                                                                                                        tio n , Druck und V e rla g : B erlin G ru n e w a ld Bismarck­
während der Ausbildungszeit ein kleines Entgelt,
mit dem sie den notw endigsten V erpflichtungen                                                                                                                                                                            p la t z , te ie t o n 97 79 21 S atz u n d B iId h e r s te llu n g :

                                                                                                                                                                                                                           A rn o Scholz Druck v m b H     A nzeigenannahm e

                                                                                                                                                                                                                           und A lle in v e rtrie b : iw ag . In te rn atio n ale W e rb e u.

nachkommen könnten.                                                                                                                                                                                                        A n ze ig en g es ells ch a tl m b H , Berlin G ru n e w a ld ,
Geben Sie sich also nicht de r V e rzw e iflu n g und
                                                                                                                                                                                                                           B is m arc kp la tz, Tel 97 53 12 P o stab o n n em e n t v ie rte l).
     stlosigkeit hin. Berlin w ird nicht immer unter
         Zustand der Blockade bleiben, durch den                                                                                                                                                                           3,60 D M W est bzw . 6 ,— D M O st z u zü g l. Z u s te llg e b ü h r.
            der Berliner Betrieb schwersten Belastungs­
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