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SO M ÜZU®

Monatelang lebte der M aler M a x
           K a u s an der Seite seiner todkranken
           G efäh rtin. Sie, selbst M a le rin , e r­
           m unterte ihn zum M alen. Und es entstand
jene Folge von ergreifenden Blättern, ge­
zeichnet zunächst, zum Teil auch am O rt
a q u a re llie rt. Es ging nicht um ein P o rträ tie ­
ren, sondern um das gefühlsbetonte, a b ­
schiednehmende Festhalten eines teuren
A ntlitzes, das dahinschwand. Es ging selbst
in d e r S ituation wissenden, persönlichen Er­
lebens von Tod und Trennung um das andere:
das Gewinnen des Lebens durch seine un­
bedingte Ergreifung mit der künstlerischen Tat.

Die Krankheit und das langsame Sterben
der Frau des Künstlers w aren der A nlaß zu
diesen unerbittlichen Blättern, von denen
w ir drei reproduzieren. Und so sprechen
sie zu uns über jede gefühlsm äßige A n ­
fechtung w e it hinausweisend die Sprache
des starken Menschengeistes, de r in der
Kunst noch das Schwerste des Lebens um­
zudeuten versteht in das erlösende Geheimnis
eines anderen Lebens von Farbe und Form.

Es g ib t kein W arum und W eshalb, w o die
Kunst zu einem Thema g re ift. Daß sie es
tut ohne Ansehung ihres W irkens auf M en­
schen, denen das unbedingte A nlie gen künst­
licher N ö tig u n g frem d ist, ist ihre eigene
gesetzliche G röße, ihr eigener menschlicher
A u ftra g . Das Leben eines M alers ist M alen.
Sein Ergreifen des Lebens, sein Erleiden des
Lebens, sein Fassen des Lebens und selbst

    wenn es sein muß — des Todes ist Malen.
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