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PHYSIOGNOMISCHES w irke n , an sich ab er ist die U n te rlip pe als bereits
zur Sphäre des Kinnes gehörend eher aufschluß
reich für die W illenskraft. Menschen ohne Energie
MOSAIK besitzen nämlich ein schwach entwickeltes oder
fliehendes Kinn, dagegen d a rf man von Frauen
m it ausgeprägter und gar noch spitzer Kinnpartie
annehmen, daß, sie im Hause d ie Hosen anhaben.
Es versteht sich von selbst, daß verkn iffe ne o d er
Die Überzeugung, daß des Menschen Gesicht auch nur eingezogene schmale Lippen auf größere
seine „G eschieht" sei, daß also, w e r die Reserve in G efühlsdingen deuten als ein vo lle r,
physiognomischen Einzelzüge, die körper schw ellender und sich unverkra m pft d a rb ie te n d e r
lichen M erkm a le des anderen richtig zu deutMenund, ja daß man G efühlsarm ut und Kälte g e ra d e
verstehe, alles vort dessen W esen, C harakter und zu an den Lippen erkennen kann und an gewissen
Talenten erfahre, diese Überzeugung beherrschte scharfen Zügen um die w om öglich noch h e rab
die Menschheit schon frühzeitig. W o immer man gezogenen M undwinkel.
die frühesten Dokumente aus der Geistesgeschichte Frauen beklagen sich o ft über einen in späteren
aufschlägt, fin d e t man im asiatischen Schrifttum Jahren auftre te nd en Ansatz zum D oppelkinn. Sie
w ie bei den G riechen w ie im S prichw öiterschatz sollten dieses so w enig beklagen w ie die kleinen
aller Völker unzählige Hinweise auf die Bedeutung Fältchen de r Liebensw ürdigkeit in den A ug en
des körperlichen Symptoms. winkeln. Denn beide deuten auf weiblichen G e
O b w ir es wissen od er nicht, w ir vollzie he n in fühlsreichtum und eine tolerante Freundlichkeit, die
stinktiv eine Prüfung der äußeren Ansicht eines ihrem Geschlecht gut ansteht, w ie überhaupt eine
Menschen vom ersten Augenblick der Begegnung gewisse Fülle auf um gänglichere N a tur schließen
an; und Schopenhauer neigt z. B. der Ansicht zu, läßt. Diese Erkenntnis steckt schon in Shakespeares
nur diese erste noch nicht durch Gefühlsmomente C ä sa rw o rt: „Laßt w o h lb e le ib te M änner um mich
oder den Einfluß der Rede getrübte Betrachtung se in !" Fanatiker nämlich sind hager.
enträtsele das physiognomische Detail richtig.
Es hat zahllose M oden fü r d ie verschiedenen Die O hren läßt man gerne außer acht bei phy-
Deutungsmethoden gegeben, die ebenso schnell siognomischer Prüfung, und doch verraten gerade
w ieder als wissenschaftlich unhaltbar beiseite sie viel über S ensibilität, Talente und m aterielle
gelegt werden mußten. W enn w ir zu diesem N eigung. Feine, reiche W ind un gen deuten au f
Thema hier Stellung nehmen, so geschieht das nicht künstlerische G aben und E m pfindlichkeit im besten
mit dem Anspruch auf unw iderlegbare Forscher Sinne; das O hrläppchen ve rrä t, o b Sinn fü r G eld
erfahrung. W ir haben lediglich die Augen auf und Besitz vorhanden ist. Ein schwach entwickeltes
gemacht und möchten ein paar Beobachtungen oder gar angewachsenes Ohrläppchen läßt darauf
notieren und unserem Leserkreis nur so am Rande schließen, daß sein Träger wenig m aterielle Inter
zur Beachtung empfehlen. essen besitzt, ein volles fleischiges v e rrä t gesunde
V e rb re ite t ist da vo r allem die Überschätzung der Sinnlichkeit oder guten Erwerbssinn, je nach dem
schönen Hand. W e r nicht genaue Kenntnisse der Gesamttyp.
Handform en und -linien besitzt, soll sich durch Am unm ittelbarsten und stärksten w irke n w o hl in
den ästhetischen A nblick nicht blenden lassen. Die jedem Gesicht die Augen. O ft genug bezeichnete
Erfahrung lehrt, daß viele sehr >dle Menschen man sie als den Spiegel der Seele, w o be i man
gewöhnliche, derb erscheinende Hände haben und sogar aus der. Farbe Folgerungen zog. Helle
viele Lumpen ausgesprochene Aristokratenhände. Augen sollen auf egofugale, dunkle auf ego
Viel interessanter ist es, wenn man vom W esen zentrische G rundhaltung deuten. Als besonders
des Menschen etwas erfahren w ill, ihn die Hände rätselhaft und schwierig gelten die Träger grüner
falten zu heißen. Jeder Mensch kann das nur auf Augen. Es g ib t Leute, die behaupten, aus den
eine bestimmte A rt: wer nämlich den rechten Augen nicht nur das ganze W esen, sondern auch
Daumen nach oben legt, kann unmöglich die alle Krankheiten ihres Trägers ablesen zu können.
Hände anders fa lte n , so daß niemals links über W e r sich fü r d ie Deutung körp erliche r M erkm ale
rechts liegt. Dies ist ein sehr eindeutiges M erkm al. interessiert, achte auch auf das Haar und ver
Es bede utet: rechts über links g e fa lte t (also rechter ge g e n w ä rtig e sich, daß es dem Menschen an
Daumen oben) zeigt den Wunsch, zu führen und seinem geistigsten und seinem tierischsten Pol am
zu beherrschen, oben zu sein, zu gelten. Männer stärksten sproßt, daß also im Haar T rieb- und
falten meist auf diese A rt die Hände, Frauen d a Verstandeswelt ihren gemeinsamen Ausdrucksfaktor
gegen, sofern sie „echt w e ib lic h " em pfinden, fa lte n finden. O hne Z w eife l sind blonde Menschen anders
links über rechts: sie w o lle n liebe r g e fü h rt w erden, geartet als dunkle. V or allem aber spielen die
sich anlehnen dürfen. Stärke des Haarwuchses, die Dichte der Behaarung,
O d e r man lasse den anderen die Faust ballen. der G lanz und die Art, wie das Haar fä llt oder
Steckt er den Daumen nach innen, so w ird er von sich legt, eine Rolle. W o kein G lan z im Haar ist,
seiner Sinnlichkeit beherrscht und u n terliegt ihr. w ird auch die Seele stum pf sein od er de r Verstand
Liegt der Daumen auf dem M itte lfin g e r, so sind träge. W e r zu W id e rsp e n stig ke it neigt, w ird
Trieb und Verstand in guter Balance: lie g t der W irb e l im Haar zeigen. W e r von seinem T rieb
Daumen über dem M itte lg lie d des Zeigefingers, so leben beherrscht w ird , mag das o ft genug durch
d a rf man auf Trotz bis zur B ru ta litä t ge faß t sein. eine überstarke Behaarung verraten. Auch Sam
Diese Haltung deutet auch auf Verkram pfung. sons Stärke w urde durch sein H aar sym bolisiert.
Im Gesicht des schöpferischen Menschen ist die Alles hier Gesagte gilt natürlich nur für den ge
Nase das wichtigste M erkm al. Man bedenke, daß sunden Menschen. Es g ib t eine Trübung des phy
uns vom Tier vo r allem d i e s e physiognomische siognomischen Bildes, wenn der Mensch erkrankt.
Tatsache unterscheidet. Denn beim Tier fä llt Nase M an te ile ein menschliches Gesicht in d re i Partien:
und Schnauze zusammen. Je w e ite r also des ve r die obere H älfte verrät die Q ualitäten des Geistes,
geistigten Menschen Abstand vom Tier entwickelt die Sinnlichkeit zeigt sich am V ib ra to der N asen
ist, um so größer w ird der Zwischenraum zwischen flüg el und sitzt in der Partie zwischen N asenspitze
Nasenspitze und O b e rlip p e sein. Beim unbeherrsch und O berlippe. W as darunter liegt, gehört zur
ten Triebmenschen w ö lbt, sich die O b e rlip p e der Signatur der W illensstärke, der Energie, der Durch
Nasenspitze entgegen, und diese kommt wiederum setzungsfähigkeit.
ihr stark entgegen. Bei p rim itiven V ölkern finden W e r menschliche G esichter lesen w ill, schalte seine
w ir o ft diesen an den G o rilla erinnernden Zug. Je Empfindungen aus. N icht umsonst preist ein altes
stärker die Nase aus dem Gesicht springt, um so Gedicht den Zauber der G eliebten mit den iro-
reicher und o rig in e lle r ist die G edankenw elt. Man nis-hen Bemerkungen: daß dem Liebenden ihr
betrachte beispielsweise Goethes Profil! Die starke Hinken w ie in Hüpfen, ihr Schielen lieblich und
Persönlichkeit besitzt nie eine kleine unansehnliche ihr Lispeln w ohllautend erscheine. V erflieg t der
Knubbelnase, und ob eine Frau ihre Nase am Zauber der V erliebtheit, werden solche körp er
liebsten in Dinge steckt, die sie nichts angehen, lichen Fehler, die man vorher gar nicht sah, p lö tz
sieht man an der Him m elfahrtsform oder dem lich als störend em pfunden. Das physiognom ische
spitzen Rüssel. U rteil muß sich also vom G efühl em anzipieren,
Es w urde eben schon erw ähnt, daß dom inantes sonst schießt es fe h l: Fragen Sie sich also nicht,
T riebleben vor allem an der O b e rlip p e zu e r ob Sie diesen Herrn d o rt heiraten sollen, und was
kennen sei. Die berühm te Redensart von der sinn sein Gesicht Ihnen verrät. Denn wer eine enge
lichen U nte rlip pe ist also falsch. Ein Mund kann Beziehung erw ägt, liest niemals nüchtern genug
als Ganzes durch seine fleischliche Fülle sinnlich
in einer Physiognomie. Eva Sie w e r t