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SCHUHE

Die W erkstatt liegt irgendw o bei Berlin, mitten

im G arten. Hühner picken am Fenster, im M essing­

bauer zw itschert ein Kanarienvogel und Fische

spielen in w uchtigen Bottichen. Ist das eine

Schuhmacherwerkstatt? W o h l entstehen hier Schuhe,

ab er es ist d ie W e rk s ta tt einer Künstlerin, der

M odezeichnerin Irena v. Ruegen.

Die ersten Schuhe entstanden 1945 aus d e r N o t

der Zeit. G roßm utter und Kind mußten leben.

Das Haus stand zw ar, aber alles w a r daraus ver­

schwunden. Im U nrat finden sich a lte Leder­

mappen, W esten, M ützen. Daraus w erden Schuhe

fü r den eigenen Gebrauch. Die Nachbarinnen

staunen. Sie bringen M a te ria l. So schustert sie

Hausschuhe und Schneestiefel und Kinderschuhe.

Die Frauen reißen sich darum . Sie bringen nun

auch O bst, K artoffeln, Kleidungsstücke. Bald ve r­

langen sie Schuhe fü r besondere G elegenheiten.

W o h e r Frau v. Ruegen Schuhe machen kann?

Eine G ab e d e r N a tu r, m anuel'es Talent. Einige

Kunstgriffe zeigt ihr der Schuhmacher, der ihr

zuerst auch d ie Leisten bo rgt. Bald m o d e llie rt sie

sie selbst. H o lz steht im G arten. A b e r Birkenholz

ta u g t n h h t fü r Schuhsohlen. Sie tauscht, steht an

d e r Kreissäge, auch d ie Form d e r K othurne ist

ihr W erk. Dann w ird sorg fä ltig jedes M odell aus­

p ro b ie rt. N icht erst m it Pinsel und St ft en tw orfen ,

sondern gleich a u f dem Leisten a b g e fo rm t, danach

der Schnitt pro biert, zugeschnitten, gesteppt, ge­

paspelt, geklebt, gehobelt, gesägt, gepreßt, ge­

fe ilt . . . und alles so lie b e v o 'l gehandhabt, bis

die Schuhe ohne Fehl und Tadel dastehen. N u r

ungern werden Nachbestellungen angenommen;

es macht viel mehr Freude und entspricht ihren

künstlerischen A m bitionen, immer Neues aus­

zuprobieren.

Heute kommen nun auch w ieder Zeichenaufträge. Die

W e rk s ta tt b ietet auch d a fü r Raum. Ire^a v. Ruegen

hat von Jugend an gelernt, unermüdlich zu arb ei­

ten. Ihre Schuhideen und ihre InTiative haben die

N o tz e it üb erdauert, und sie ist fro h , daß sie sich

eine Existenzbasis geschaffen hat, d ie nunmehr yon

zw ei Säulen getragen w ird.      T- v- D a v i e r

                              Zwischen Sonnenfenster
                              und Vogelbauer w ird
                              ein M o d ell in farbig em
                              Leder gut abgeform t

                                                                                                                                 ooo

SPULEN UND SO

       K onfektion, das graphische G ew erbe und vor
allem die Elektroindustrie — das waren die Her-
^tellungszweige, die der Berliner W irtschaft ihr
Gesicht gaben und ihren Ruf bis w e it hinaus in
aller Herren Länder trugen. W ährend begreif­
licherweise die ersten beiden gegenw ärtig unter
großen Rohstoffnöten leiden, hat die Elektro-
mdustrie versucht, ihre A rb e it planmäß g w eiter­
zuführen und neu aufzubauen.

fre ilic h können heute keine G roß tu rbin en , Riesen-

Qeneratoren und andere schon in ihren Dimensionen

und W irkungsgraden als W eltw u nd er bezeich-

neten technischen Monstren gebaut werden. W as

^ ° r allem also, haben w ir gefragt, siellt die Ber-

mer Elektroindustrie heute her? Zunächst alle^ das,

I as aringend und ständig gebraucht w ird : G lüh-
  mpen, Schalter, Telefon- und Telegrafenzubehör,

^a u io rö h re n und R undfunkgeräte, be vorzu gt Ein-

10QISpr und Kleinsuper (A nteil de r F rauenarbeit:
a i| rra z e n tl). Die Siemenswerke wiesen uns vo r

n i r ™ alektrische Meß- und Prüfgeräte vor, die

Wendh b ^ f c*er  in dieser vie lseitige n Ver-

jn ße ?       uncl Präzision hergestellt w erden w ie

v o r a n ' . ^>er M a te ria lb e d a rf ist in M enge und
res (juSrn 'H? G ew icht gerin g und kann ohne w e ite -

die Fert'r ^ 'e Luftbrücke herbeigeschafft w e rde n;
viele, be9Un9 kasch äftigt einfallsreiche K öpfe und

uns v oll s r ? ers Qasah'ckte Hände. O sram zeigte

Autoscheinw r Se'ne Speziallam pen fü r B ildw e rfe r,
F ahrräder erLer, Brems- und Stopbeleu chtung, fü r

ebenso d r in nc* Taschenlampen, die in Berlin                                                                                   Einer d er gesuchtesten A rtikel in der W e lt ist d ie in Berlin
                                                                                                                                 gefertigte Bilux-Lampe für Autoscheinwerfer der Osram G m bH.
W estzonen m fnc* g e fra g t w erden w ie in den              Siemens fertig t besonders gern und viele elektrische M eßgeräte
                 ' 01 nahen und fernen Ausland.                fü r die verschiedenartigsten technischen Verwendungszwecke
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