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Auch d e r A rrivierte, d e r in sich und seinem lo k a le n Ruhm R uhende b e ­
d arf d er C hance für d en Aufstieg auf die höhere Ebene der W elt­
g e ltu n g o d e r in d ie h ö h e r e S p h ä r e ein es n e u e n g r ö ß e r e n Schaffens.

Für W ie n , a b e r nur für W ie n ist Pau la W e ssely , d ie N ichte d e r einst B E T T E M A G D O N A L D ( h n k s ) mit C L A L D E T T E C O L B E R T
v e rg ö tte rte n B urgtheater-Schauspielerm Jo se p h in e W essely, 1932 ein Be­
griff. Deutschland, Europa kennen sie nicht. H auptm anns Rolle der „Rose A u c h s i e v e r d a n k t i h r e n W e l t r u f e i n e m e i n z i g e n B uc h u n c * v l e ' ' e , c ^ , ,^e r . l a *S?.<? e 'n r o ß e
Bernd“ und Reinhardts „Deutsches Theater" geben an einem Septem ber­
a b e n d d ies er S chau sp ielerin in Berlin d ie g r o ß e C h a n c e , in drei Stun­ s i e e i n e Z e i t l a n g m i t d e n H ü h n e r n a u f s t e h e n m u ß t e . „ D a s Ei a n d ic A ,s * j/|ub
d e n a n d ie Spitze der stil-, theatergeschichte- und e p o c h e m a c h e n d e n
M enschendarstellerinnen deutscher Zunge zu treten! W ie Byron er­ C h a n c e ihres ersten Buches, nach w e n ig e n M o n a te n durch d e n „Buch d es Pr n nk-
w a c h te sie am M o rg en nach der Prem iere und fand sich berühm t.
W e n ig e M o n a te sp ä te r durchstößt sie mit einem Film die G re n z e n des in rund ein e r M illion am e rik a n is c h e r F am ilien, nach e in e m Jahr in , 9 „ nl hk ,
s p r a c h b e d in g te n T h e a terru h m s: Forst g ibt ihr in „ M a s k e r a d e die
C h a n c e der ersten Filmrolle — mit d em W e lte rfo lg d es Films wird die re ic h , I t a l i e n v o n M i l l i o n e n v e r s c h l u n g e n , ist e m e r n e u t e r B ew e is, d a ß r e r s •
W essely ein W eltstar. W ar s i e die Chance des Films? O d e r w ar der
Film i h r e C h a n c e ? N e b e n sie sollte ein sehr p o p u lä re r Schauspieler Sciiarm und u n b efan g en e Natürlichkeit noch immer den W eg zum Herzen der ,
treten. An seinen ü b erh ö h ten G a g e n to rd e ru n g e n zerschlugen sich die
Verhandlungen — der dam als noch fast unbekannte Adolf W ohlbrück trat sten Leser finden — z u m a l, w e n n ein Film d a z u noch d e n in te rn a tio n a le n V o rsp a n n m
an seine Stelle. Der aut Geld Bedachte nahm keinen Aufstieg mehr,
der nach der Rolle G reifende w urde für Millionen zum Idol. Der erste
schlug seine Chance aus, der zw eite ergriff sie, b eide nicht ahnend, d a ß
eine Chance zum Schicksal wurde.

Hat die Dietrich auch nur hoffen können, d a ß sie mit der Unterschrift
unter d e n V e r tra g für ihre Rolle im „B lauen Engel" mit ein e m S atz in
den Himmel des W eltruhms springen w ürde? Das heisere Timbre ihrer
Stim me, d ie nun schon filmhistorisch g e w o r d e n e n Beine w u rd e n ihr
Ruhm, zw ei Effekte, d ie sie bis d a h in in d e n vielen Rollen ihres Film­
lebens nicht eingesetzt, vielleicht gar nicht erkannt hatte. Das Auge, das
O hr ihres genialen Regisseurs Josef von Sternberg entschieden eine
Karriere. Das Schicksal b e d ie n te sich eines M enschen, um einem seiner
Lieblinge die g ro ß e Chance zu geben, die Zeit und U m stände zu schaffen
nicht a n g 3 tan erschienen.

Die unerschütterliche Ü berzeugung von der Begabung seines jungen
Regisseurs, d ie einen jungen P ro d u z e n te n in Paris beseelt, gibt Rene Clair
d ie C h a n ce, seinen e b e n in Paris unter kühlem S chw eigen des Publi­
kums und d e r Presse b e g r a b e n e n Film „Sous les toits d e Paris" in Berlin
noch einmal zu starten und — zum W elterfolg zu führen.

Zwei Jahre des Zusammenlebens und Zusammendenkens zweier un­
gewöhnlicher Idealisten und zugleich merkwürdig wunderbarer Menschen
g e b e n beiden die Chancen, Ungewöhnliches für die W elt zu schaffen:
Alfred N obel gesteht der Gräfin Kinsky, die er als H ausdam e engagiert
hat, bei ihrer ersten U nterhaltung 1876: „Ich möchte einen Stoff oder eine
Maschine schaffen können von so fürchterlich m assenhaft verheerender
Wirkung, d aß dadurch Kriege überhaupt unmöglich werden."

Die g r o ß e Idealistin, d ie 14 J a h r e s p ä te r als Berta von S uttner d e n g r o ß e n R O B E R T O ROSSE L INI
pazifistischen Roman „Die W affen nieder" veröffentlichen und weitere
15 J a h r e d a n a c h d e n fünften F rie d e n s - N o b e lp r e is in E m pfang n e h m en O h n e K apital, o h n e S chauspieler, mit g e lieh e n en A p p a ra tu re n , nur beseelt von.
wird, h at den erste n Keim d e s tä tig e n Pazifismus in d a s grüblerische Hirn
d e s W e l t b ü r g e r s N o b e l g e s e n k t. Ist es Zufall, F ü g u n g , Schicksal — o d e r f a n a t i s c h e n W i l l e n , d e m t a s c h i s t e n f r e i e n n e u e n i t a l i e n i s c h e n F ilm d i e i o r e 1,1
sind es Rätsel unergründlichen W irkens einer göttlichen Macht, die der
Suttner aus dem persönlichen Erleben eines Krieges die Sternensekunde l e r i s c h e s N e u l a n d a u f z u s t o ß e n , d r e h t R o b e r t o R o s s e l i n i z w e i F i l m e , " ^ o rr ,'r 0 ,e n e a m e n s
•der Konzeption ihres Friedensmanitestes „Die W affen nieder" erleben
lassen? N ach d e m die Kriege von 1864, 1866 und 1870 wirkungslos auf sie u n d „ P a i s a “ . Ei n v o n s e i n e m F a n a t i s m u s a n g e s t e c k t e r a m e r i k a n i s c h e r Ex O ß° ,
blieb en ! D as W o rt von der g r o ß e n C h a n c e e rh ä lt nicht nur in d iesem
Zusammenhang den Charakter einer Verlegenheitsprägung. R od G e i g e r g i b t ih m d i e e r s le n n o t w e n d i g e n p a a r t a u s e n d D o lla r . S e itd e m ist ko

w e l t b e r ü h m t , s e i n e F i l m e l a u f e n in d e n W e l t s t ä d t e n m o n a t e l a n g , d e r '. 9 16

Film h at durch ihn W e ltg e ltu n g e r la n g t, w ie er sie seit d re iß ig J a h r e n nicht

Zum S atyrspiel — o d e r zur in sich selbst a u f h e b e n d e n N e g a tio n w ird die
„ C h a n c e " im Falle Enrico C arusos. Der Zufall gibt d e m k n a b e n h a fte n
C a ru s o d ie C h a n ce, in T ra p a n e a u t einer O p e r n -W a n d e r -S c h m ie r e in der
lenorpartie der „Lucia di Lam mermoor" zu debütieren. A ber nach­
m ittags betrinkt er sich mit dem Bariton d e r Truppe, verschläft d e n Anfang,
wird, noch trunken, aut die Bühne geschleift und singt. Der Tumult ver­
jagt ihn. S elb stm ord scheint d ie einzig e Lösung für d e n Ju ng en, d e r sich
w ie ein w u n d e s Tier in ein er M a n s a r d e verkriecht. Der E rsatztenor wird
ausgepfiffen, das Publikum schreit: „Der kleine Trunkenbold w ar besser."
M a n h o l t C a r u s o z u r ü c k , er sin g t d e n l e t z t e n Akt. Es w i r d e i n g r a n d i o s e r
Sieg, der erste /on Tausenden über das Publikum auf der ganzen W e lt. ..
Die vertane Chance, der scheinbar unwiederbringliche verrauschte A ugen­
blick k eh rte zurück. W a r es noch C h a n ce? G ib t es ü b e rh a u p t die g ro ß e
C h a n ce für d e n innerlich nicht bereiten, nicht g erü steten M enschen? Bleibl
auch sie nicht ein Rätsel, die das Schicksal dem Menschen aufgibt? Alles
•st n a c h S p i n o z a a u s d e r N o t w e n d i g k e i t d e r g ö t t l i c h e n N a t u r h e r a u s
bestimmt, aut eine gewisse W eise zu existieren und zu wirken.

Kar l Kl är

Rechts: V I V I A N L E I G H

E ine u n b e k a n n t e F ra u s c h r e ib t e i n e n W ä l z e r v o n ü b e r 1000 S e ite n m it d e m Titel „Vom
W i n d e v e r w e h t ' — e in J a h r s p ä t e r isi sie für d i e a b e n d l ä n d i s c h e W e lt „ d ie M itc h e ll'
N a tu rh c h p re d l H o lly w o o d nach d ie s e m W elt Best Seiler und d re h t e in e n Farbfilm von
v'e ' Stunden Lautzeit. N ach zahllosen P robeautnahm en gibt m an die H auptrolle einer
e n C|iischen S ch au sp iele rin von neu lokal britischer P o p u la ritä t. U nd w ied e r ein J ah r
sb ä l e r isi d i e s e S c h a u s p i e l e r i n für d i e W e l t „ d i e L e i g h “ . Sie h a t s e i t d e m v ie lfa c h be-
W|ese n , d a ß d ie g r o ß e C h a n c e d e s W eltstoftes e in e r W ü r d ig e n g e g e b e n w urde.