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üü! Das Cha ns o n ist* eine leichte Ange ' e g en h e i t . Ihr a m nächsten steht Ma r y Del war , di e in
München bei de n „Elf Scharfrichtern" ihre Lor
YVETTE GUILBER1 w u i d e z u m I n b e g r i f f d e r i n t e r n a t i o - Jedenfalls verbindet im allgemeinen der gute beeren sammelte. Sehr streng, schlank, im hoch
n a i e n ■D i s e u s e . I h r e S t i m m e , ih r V o r t r a g , i h r e b r a n d Bürger ebengenanntes Chanson einschließlich geschlossenen Kleide, das wie eine Haut ihre
roten H a a re und nicht zuletzt ihre langen, schw arzen derjenigen, die es vorträgt und die man daher Figur umspa nnt e , mit -engen, l an ge n Ärmeln^
G lacehandschuhe, alles gehörte dazu, um sie unsterblich Ch a n s o n e t t e nennt, mit e t wa s Pikantem, Fri sang sie die Bretti-Lioder von Wed ek in d.
zu m achen. Toulouse-Lautrec, der M aler des M ontm artre, volem, das abseits des Hausgebrauches liegt.
zeichnete sie u n z ä h lig e Male-, und M u rn a u g a b ihr die Wenn man so ein Chanson gut vorgetragen hört, J e d e s Ch a n s on ist ein Ausdruck sei ner Zeit.
Rolle d er M arth e in seinem m eisterhaften „Faust -Film. denkt man unwillkürlich: Gott, wie einfach! Das Parodierend, ironisierend, kritisierend, in seiner
könnt e ich doch auch. — Erst we nn man da s schärfsten Form fast ätzend. Polilik, Ges el l
denkt, ist es richtig „ g e b r a c h t " wo r d e n , wie schaft, Moral , di e Liebe w e r d e n ins R a mp e n
man in der Fachsprache sagt. — Denn zu Hause, licht g e z o g e n , um nicht i mmer sehr zar t f ühl end
falls man es für sich versucht, merkt man n ä m be s u n g e n zu we r d e n . Es w a r d a h e r nur e i ne
lich, d a ß . . . es g a r nicht so leicht ist, wi e es logische Folge, daß die Jahre nach dem ersten
sich anhörte, d a ß im Gegenteil g e r a d e die Weltkriege eine Blütezeit für Chansons und
Dinge, die im Leben am leichtesten wirken, am ihre Interpretinnen wurde. Die Kabaretts wuch
mühsamsten erarbeitet werden müssen. Denn
dahinter steht, wie bei allen künstlerischen Din sen wie die Pilze aus d em durchrüttelten Boden.
Die mi l chkaffeefarbene Jo s ep h i n e Baker t a n z t e
gen, stets die Persönlichkeit. zum Beispiel, mit eini gen Ba n an e n und Federn
Yvette Guilbert, Urbegriff aller Diseusen, war bekleidet, einen akrobatischen Char'eston und
zum Beispiel keineswegs hübsch, sie hatte auch sang mit ihrer kleinen, a b e r sehr s ü ß e n Stimme
keineswegs eine hinreißende Stimme, und sie di e N e g e r s o n g s vom heimatlichen Mississippi.
war so arm, d a ß sie sich die zur damal igen Ma r l e ne Dietrich e r s a n g und erspi el t e sich als
Mode gehörenden weißen, langen Glacehand fesche Lola des „Blauen Engels" die internatio
schuhe bei ihrem Auftreten nicht leisten, konnte. nale Weltkarriere — von Kopf bis Fuß auf
W a s tat sie? Sie zog sich einfach schwarze an. Liebe eingestellt. Ca r ol a Ne he r , s:e kreierte
Schwarze Handschuhe zum Abendkleid auf dem die Songs von Brechts „Dreigroschen-Oper",
Podium kam g e r ad e zu einem Aff.ont gleich. hatte zuvor in Breslau Shaws „Heilige J o h a n n a "
W as aber passierte? Diese ihre langen schwar mit g r o ß e m Erfolg dar gest ell t . W ä h r e n d Lotte
zen Handschuhe w u r d e n mit zum Begriff Yvette Lenja — di e Frau de s Komponi st en Kurt Weill,
Guilbert. Sie hat sich nie mehr von ihnen unvergeßl ich mit ihrem „ Su r a b a y a - J o n n y " —
getrennt, auch dann nicht, als sie länget in der auch heute noch in N e w York in den g roße n
Läge war, sich ein Dutzend we i ßer G l a c e h a n d Nachtklubs die Chansons ihres so erfolgreichen
Ma n ne s vor t r ägt . M a r g o Lion, di e einst in
schuhe am Tag zu kaufen.
M ISTINGUETTE w u r d e , w a r , ist d a s , w a s m a n u n te r e i n e r O p e r e t t e n - u n d R e v u e d iv a v e r FRITZI MASSARY k a m ü b e r W i e n n a c h B erlin, u m d i e F rau v o n F o r m a t zu w e r d e n .
steht. P aris liegt ihr seit 1905 zu Füfien Zu d e n F ü ß e n , d i e zu d e n s c h ö n s ten u n d Kapriziös und mit unnachahm licher G razie trug sie die O perettenchansons vor. Ihre
m eisfgezeigfen Beinen d er W elt gehörten. Ihre unnachahm liche Art, die g ro ß e n Revue H e ir a t rnit M a x P a lle n b e r g s te ig e r te n och ih re B elieb th eit. D as g e w is s e „ O h la la", d a s
treppen hinabzuschreiten, w urde ebenso bew undert wie der Vortrag ihrer C hansons. w a r es, w a s n ur Fritzi M assary zu g e b e n w ußte, w a s s ie.n o ch h eu te u n v erg essen sein läßt.

